Dr. Hermann Julius Grüneberg, 1827 - 1894

Zeittafel

   
Zeit Biographische Daten des Hermann Julius Grüneberg
(zusammengestellt von Dipl. Ing. agr. Heinrich Frhr. v. Teuffel)
11.04.1827 11.04.1827 Hermann Julius Grüneberg (HJG) wird als 2. Kind des Orgelbauermeisters August Wilhelm Grüneberg und seiner Frau Henriette Caroline Rosalie, geb. Breslich in Stettin geboren. Sein Elternhaus stand in der Große-Dom-Strasse
1830 – 32 HJG’s Tante Maria Dunstrey pflegt und erzieht ihn zu Cammin aufs Liebevollste
1830 – 37 HJG besucht eine Privatschule, ein Hauslehrer unterrichtet ihn
15.02.1837 Als der Vater Grüneberg stirbt, ist HJG 9 Jahre alt
1837 – 39 HJG auf dem Gymnasium
1839 – 41 HJG auf der Friedrich-Wilhelm-Schule, wird konfirmiert
1842 – 45 HJG ist Apothekerlehrling bei Geheimrat Dr. Ritter/Stettin, dort Laborarbeit unter Leitung des vorzüglichen Chemikers G. Garbe; „grundlegend für seine Karriere“
1846 HJG bleibt nach Abschluss der Lehrzeit 9 Monate in der Ritter’schen Apotheke, geht dann mit Dr. Garbe
1847/48
als Volontär in dessen neugegründete chemische Fabrik
1849 HJG geht nach Hamburg in die Apotheke Dr. Roth; dieser verkauft aber bald, sodass HJG zur Apotheke Hipp wechselt, wo er eineinhalb Jahre auch wohnt und Hipp’s väterliche Freundschaft genießt. Die Tochter Marianne Hipp bleibt den Grünebergs bis zu HJG’s Tod freundschaftlich verbunden
Okt. 1849 Wehrpflichtig dient HJG in der Militärapotheke in Stettin
03.01 1850 HJG, noch „minderjährig“, lässt vom Notar beglaubigen, dass er eine neue Methode zur Erzeugung von Soda aus Kochsalz und Kohlensäure eigenhändig niedergeschrieben hat
13.09.1850 HJG erhält vom königlich preußischen Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ein Patent auf Bleiweiß
1850/51 HJG arbeitet in der Bleiweißfabrikation bei Herrn Wellmann. Er setzt seine (wirtschaftlichere) Methode ein. W. „legt ihn herein“, bringt ihn um sein Verdienst. Das löst bei dem 24-Jährigen erste Schritte zur Selbständigkeit aus
1852 HJG gründet in Stettin eine eigene Fabrik unter Beteiligung des Schwagers Nienaber sowie der Herren Hollefreund und Burchardt
1853 Das Unternehmen misslingt, HJG verliert sein väterliches Erbe. Er übersiedelt nach Berlin, übernimmt dort das Labor des Fabrikanten und Apothekers Beyerich. Auf eine Zeitungsannonce geht er nach Schweden, um ein Jahr lang eine Bleiweißfabrik des Gothenburger Unternehmers Rohs nach seinen Prinzipien umzugestalten. In dieser Zeit wohnt er auf der Insel Gotha Elf einsam in einem ärmlichen Blockhaus
April 1854 Zurück in Stettin baut er zusammen mit dem Vetter Julius Klee in Altdamm eine neue Fabrik. Im Sommer eskaliert der Krimkrieg. Die russische Pottasche wird in Preußen knapp, die Engländer sperren u. a. ihre Bengalsalpeterlieferungen (Kontinentalsperre) Nun stellt HJG Kalisalpeter künstlich her
1855 Zu Bredow nahe Stettin wird eine größere Fabrik erreichtet. Der Bruder Rudolph (5. Kind der Eltern Gr.) leitet fortan die zu klein gewordene Altdammer Anlage. Im Winter genießt HJG den Umgang mit der Familie seines alten Lehrherrn Garbe
1856 Neue Kontakte mit der russischen Regierung: in Altdamm werden neue, „kolossale“ Werksvergrößerungen vorgenommen. Der Vetter Klee, inzwischen ein reicher Gutsbesitzer und Reeder, bringt HJG um seine Anteile
1857 HJG übergibt die Leitung der Altdammer Fabrik seinem Freund Michels und geht nach Berlin, wo er ein Semester lang aus eigenen Mitteln u. a. bei Prof. Eilhard Mitscherlich studiert. Einem Freund berichtet er brieflich, dass er neben der wissenschaftlichen Optimierung der Altdammer Fabrikation nun (in Berlin) systematisch die Titriranalyse erlernt und auch intensiv französische Conversation betreibt.
Eine groß angelegte Reise führt HJG und seinen Bruder Rudolph durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich. Er erkundet Energieübertragung, Warenfluss und chemische Prozesse von Abwasserentsorgung und zahlreichen Fabriken
Okt. 1857 Die Brüder studieren 2 Semester lang in: Collège de France, Sorbonne, Conservatoire des arts et metiers zu Paris.
Sein Lehrer George Ville wendet sich HJG freundschaftlich zu. Abschließend wird in Salindre noch Péchiney’s Meersalzgewinnung ausgekundschaftet. Seine Altdammer Guthaben dienen der Finanzierung dieser Studienreise
Mai 1858 Die Reise geht weiter über Lille und Dünkirchen nach England und Schottland. Reich an Erfahrung unterbricht HJG die Heimreise in Cöln. Mit Julius Vorster, einem 15 Jahre älteren Kolonialwaren- und Chemikaliengroßhändler findet er ersten Kontakt. Zurück in Stettin bietet ihm der pflichtvergessene Vetter Klee keine neue, Existenz begründende Position. Nun will er mit Julius Vorster kooperieren. Bengalsalpeter, der natürliche Kalisalpeter-Einsatzstoff für Schwarzpulver wird infolge des Krimkrieges knapp und immer teurer. Der boomende Berg-, Straßen- und Eisenbahnbau ist nun angewiesen auf künstlichen Kalisalpeter aus inländischen Rohstoffen. Der 31-jährige HJG weiß diese Lage zu nutzen
Okt. 1858 In Kalk vor Köln wird eine stillgelegte Eisengießerei angekauft
01.11.1858 Die Firma Vorster & Grüneberg (V & G) wird gegründet und die ehemalige Eisengießerei umgebaut. HJG wohnt auf dem Werksgelände
01.02.1859 Künstlicher Kalisalpeter, ist das erste Produkt. Es folgen Monate intensivster Arbeit, Labor- und Produktionsanlagen sind einzurichten und zu überwachen
Okt. 1859 In der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure erscheint HJG’s Aufsatz „Über die Verwerthung einiger Abfälle unserer Städte“, der die Entsorgungsanlagen von Paris, Leicester und London miteinander vergleicht, wobei er London’s Konzept der Einleitung ungeklärter Haushaltabwässer direkt in die Themse scharf geißelt. Andernorts zu Düngemitteln verarbeitete Abwässer bewertet er differenziert positiv
08.03.1860 In einem Brief bittet Professor Eilhard Mitscherlich, HJG’s Berliner Lehrer, in der Kalker Fabrik verwendete chemische Apparate für seine Vorlesungen abzulichten
1860 V & G produzieren alsbald auch „Pottasche“, d.h. Kaliumcarbonat. Ferner stehen auf dem Programm: Chlorkalium, schwefelsaures Kali, und auch Soda, zunächst jedoch aus „Schlempekohle“ , einem Abfall aus der Rübenverzuckerrung
1860/61 Freund Michels, ihm vertraut HJG schon vor 1857, wird Chefchemiker in Kalk, er lebt ein Jahr in HJG’s Haushalt mit HJG. nutzt diese Zeit, um in Leipzig zum Dr. phil. zu promovieren
01.07.1860 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Leipzig. Dissertation über das Thema „Theorie der Produktion von Bleiweiß
1861 V & G gründen neben den Staßfurter Abraumhalden, nahe der Rohsalzförderung, eine Fabrik. Abraumsalze werden von der Halde weg verarbeitet. HJG’s Ehefrau Emilie notiert später in ihrer „Hauschronik“: „...ein Werk von großem Umfang und das erste seiner Art; denn mein Mann war der erste, der die darin enthaltenen Kalisalze der (Kali-) Salpeter- und Pottasche-Industrie dienstbar machte, und die große Bedeutung, die Staßfurth später auf diesem Gebiete für den Welt-Kalimarkt erhielt, mitgründen half. Unser bisheriger Chemiker in Kalk, Herr Michels, übernahm die Direktion der Fabrik Vorster & Grüneberg in Staßfurth“
1861 In Kalk werden erstmals Kalisalze verarbeitet.
HJG’s Bruder Rudolph übernimmt die Fabrik in Altdamm
04.1861 Prof. Robert W. Bunsen’s Brief zur Analyse von Rubidium- und Cäsiumrückständen bei der Verarbeitung von Chilesalpeter, der als unreiner Naturrohstoff die Salpeterkomponente hergibt. Die große Konkurrenzkraft der Kalker Produkte fußen auf HJG’s gründlicher Analysentechnik und Reinheit der Fertigfabrikate
1862 Die neue, V & G-eigene Kalifabrik in Leopoldshall geht in Betrieb
31.12.1862 HJG beantragt sein erstes Patent zur Herstellung von schwefelsaurem Kali aus Staßfurter bzw. Anhaltinischen Abraumsalzen (am 30.08.1863 erteilt)
1863 30.000 ztr. Kalisalpeter werden erzeugt; das Verkaufsbüro in Köln wird eröffnet
1863 Separatabdruck aus dem Polytechnischen Centralblatt/Lfg. 23 „Über die Wertbestimmung der im Handel vorkommenden Pottasche-Sorten, nebst Zusammenstellung einiger herkömmlicher Analysen derselben". HJG gibt die Mängel derselben an und beschreibt Vorteile seiner Methode, die dem Fabrikanten erlaubt, seine Produkte zweifelsfrei zu bewerten. Am Ende erscheinen die Vollanalysen von 40 Pottasche-Sorten aus Europa und Amerika in einer Tabelle, wobei die „Kölner Pottasche von V & G“ neben einer der 12 amerikanischen als beste hervortritt
12.11.1863 Brief von Rudolf Christian Boettger, der HJG’s Analysentechnik und seine Testsubstanzen nutzen möchte
1864 48.000 ztr. Kalisalpeter in Kalk produziert. Die Herstellung von Dünge-Superphosphat beginnt mit Phosphorit aus eigens angekaufter Grube in Nassau a. d. Lahn
1865 Erwerb von Kalifabriken in Staßfurt und Leopoldshall. In Raderberg bei Köln wird in einer V & G-eigenen Anlage schwefelsaures Ammoniak für Düngezwecke hergestellt, aus dem Gaswasser-Abfall der städtischen Leuchtgasanlage
1865/66 erscheint HJG’s 60 Seiten-Broschüre „über die Erfolge der Kalidüngung mit einleitenden Bemerkungen über die künstliche Düngung im Allgemeinen“, ferner Flugblätter und wissenschaftliche Sonderdrucke. Berühmt ist seine Düngetafel, in der alle Natur-, Stall- und Mineraldünger mit Wertstoffgehalten, andererseits der Nährstoffbedarf der Landbaukulturen bei unterschiedlichen Ertragserwartungen figurieren. Wirtschaftlichkeit und das wachsende Vertrauen der Düngeranwender werden erwähnt
1866 24.000 ztr. „Pottasche“ werden im Soda-Verfahren nach LeBlanc hergestellt und an Glas- und Seifenfabriken geliefert
17.01.1867 Brief seines Pariser Lehrers und Freundes George Ville mit Fragen zu Proben, die HJG ihm zugeschickt hatte
11.01.1865 Der belgische Chemiker Aug. Kekulé erklärt sich zu einer Schiedsanalyse bereit, vermerkt aber, dass in seinem Lande nur 4 Chemiker vertrauenswürdige Analysen zustande bringen
19.06.1865 Justus von Liebig dankt HJG für die Überlassung seiner farbigen Düngertafel und Abhandlungen über Kalidünger
26.06.1865 Der Bonner Chemiker und Pharmazieprofessor Friedrich Mohr gestattet Zitate aus seinen Arbeiten, empfiehlt für Rebanlagen schwefelsaures Kali. Er warnt vor Fluor im Lahnphosphorit, bietet pulverisierte Proben an
1865 Holländisches Flugblatt für V & G - Düngemittel
26.8.+24.9.
1865
Dr. C. Karmrodt/Lauersfort korrespondiert mit HJG über praxisnahe Düngerempfehlungen und AnalysenproblemeHJG wird bei Gelegenheit des Stiftungsfestes als Gründer des Bezirksvereines Köln Deutscher Ingenieure gefeiert; er ist 18 Jahre lang dessen Präsident
23.11.1865 Herbstversammlung des „Landw. Vereines Coblenz“. Zum Einsammeln von Maikäfern und Engerlingen hatte die Gemeinde Polch Prämien ausgesetzt. Das Sammelergebnis war so groß, dass die Insekten getrocknet als Dünger verwendet wurden. Ihr Düngewert deckte die Prämiensumme dreifach. In derselben Versammlung hält HJG einen Vortrag über Nutzen und Anwendung konzentrierter Dünger. 10 ztr. Probedünger werden zur Anwendung auf Getreide und Rebland verteilt mit der Maßgabe, übers Jahr wieder zu berichten.
In Viersen empfiehlt HJG vor Landwirten Kalisalze und Pottascheabfälle zum Düngen. H. v. Rimpau, ein erfolgreicher Großlandwirt, Schaf- und Saatzüchter, stößt eine Diskussion über einseitige Düngung an. Das langjährige Pferchen habe, dem hohen Stickstoffgehalt des Schafsmistes zum Trotz, den Bodenvorrat an Kali und Phosphaten derart ausgelaugt, dass mit Holzasche und Phosphaten mehrjährig melioriert werden musste, ehe der geminderte Zuckerertrag (von 12 auf 10 %) und der übermäßige Befall mit Rübenkrankheiten behoben war
1865 - Erste Abhandlung über Tabakdüngung mit Kalisalzen
- Separatabdruck aus der Zeitschrift der landw. Vereine in Hessen über „Einfluss der Düngung mit Kalisalzen, wenn dieselben der Superphosphat- oder GUANO-Düngung beigegeben werden“, dazu eine Tabelle mit Nachweisen über die natürlichen Bedingungen von 60 Versuchsstandorten und – Versuchsergebnissen im Format DIN A 2
- 2 Ausgaben von „Gebrauchsanweisungen für Düngerfabrikate von V & G in Kalk und Staßfurth“. Zwei Kapitel behandeln die Einzeldünger Superphosphat und Kali, ein Kapitel Volldünger
14.03.1867 Justus von Liebig dankt für HJG’s Berichte über Einflüsse der Kalidüngung, besonders auf die Qualität von Körnerfrüchten und Wurzelgemüse
18.03.1867 Der preußische Oberberghauptmann Krug von Nidda MdR dankt HJG für die Mitteilung neuer Versuchsergebnisse der Kalidüngung. Seine Verdienste um Produktion, Einführung in der Landwirtschaft und intensive Ergebnissicherung durch Exaktversuche hebt er hervor
1867 Die holländische Preisliste führt im Sommer Kali- und Phosphat-Einzeldünger auf; das Deckblatt verweist auf folgende Auszeichnungen:
1862 Ehrenmedaille Weltausstellung London
1865 Internationale Preismedaille in Stettin
Medaille Weltausstellung Oporto
Medaille Landbauausstellung Stettin
Medaille einer Ausstellung in Wien
Medaille Landbauausstellung in Köln
1867 Goldmedaille Weltausstellung in Paris
24.12.1867 HJG erhält vom preußischen Handelsminister ein Patent auf einen Apparat zur Gewinnung von schwefelsaurem Kali
1869 Ansprüche des Dr. Adolf Frank auf Urheberschaft an der Ausbeutung der Staßfurter Abraumsalze weist Friedrich Michels in einem geharnischten Artikel der Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure (Band 13) zurück
1869 Kalifabriken werden verkauft. V & G errichtet eine zweite Anlage für schwefelsaures Ammoniak in Nippes bei Köln.
Apparate zur Destillation von Ammoniak werden in St. Petersburg, Dortmund, Essen und Düsseldorf errichtet
1870|1871 1870 In Kalk produzieren V & G Kaliumsulfat aus Schwefelsäure und Chlorkalium1871 Verkauf der letzten Kalifabrik in Staßfurt. Das Datum 1871 markiere erstmals – so HJG in einem Rückblick 1888 – wieder eine Steigerung des Firmenvermögens um 300.000 Mark
Wie aus anderen Zahlen hervorgeht, steigt das Firmenvermögen auf 1,24 Mio Mark (S. a. 1887)
1872 Fritz Vorster sen. übernimmt die Leitung einer V & G-eigenen Produktionsanlage für Superphosphat in Dortmund
1873 Justus von Liebig stirbt 70-jährig in München. Er hat die Düngewirkung von in Wasser gelösten Mineralsalzen auf grüne Pflanzen und damit die Untauglichkeit der Humustheorie bewiesen. Ferner ist er der Erfinder des Säureaufschlusses der Düngerrohstoffe Knochenmehl und Rohphosphat, die erst so pflanzenverfügbar werden. Er fand auch das „Minimumgesetz“, wonach der im Minimum vorhandene einzelne Pflanzennährstoff die Ertragshöhe bestimmt, gleichgültig um wieviel höher die übrigen Nährstoffe angeboten sind
17.01.1874 Ein Brief des Berliner Chemieprofessors A.W. Hofmann an HJG enthält Ratschläge für fachliche Publikationen. (Hofmann hatte 1867 die Deutsche Chemische Gesellschaft. (DChG) gegründet)
1874 HJG veröffentlicht eine weitere Abhandlung über Pottasche. Die 3 Ursprünge: Asche aus Rüben, Schafschweiß und schwefelsaures Kali, werden genau beschrieben und bewertet; 10 regionale Herkünfte werden tabellarisch einander gegenübergestelltDie russische Pottasche wird immer mehr verdrängt durch jene aus HJG’s LeBlanc-Verfahren, im Verein mit der aus inländischer Rübenschlempe. Seit der Aufhebung der Leibeigenschaft sind die russischen Produktionskosten von Jahr zu Jahr gestiegen, die dort hergestellten Mengen im selben Grade gefallen, wie dies die Exportliste der russischen Häfen aus den letzten 10 Jahren in Zahlen deutlich nachweist. Noch größer der Rückgang lt. New Yorker Exportlisten.(Anmerkung des Verfassers)
04.11.1874 Ausführlicher Brief des Wiesbadener Professors Dr. Carl Remigius Fresenius. Es geht um neue Methoden der Salpeteranalyse. (F. war Begründer eines Laboratoriums speziell für chemische Analysen)
1875 Fritz Vorster sen. wird technischer Leiter in Kalk
1877 Die Kalker Superphosphat-Produktionsanlage wird erweitert
12.12.1877 Kaiserliches Patent für HJG auf einen Apparat zur Verarbeitung von Ammoniakwasser (geringer Ammoniakgehalt in diesem Abfall) auf ammoniakalische Produkte (Konzentrate)
1878 Der Superphosphatabsatz wird notleidend, die GUANO-Werke AG Hamburg geht in Konkurs
1878 Carl Scheibler wird als Leiter des Düngerverkaufes eingestellt
03.02.1878 Gedruckte Patenturkunde mit anliegender PatentschriftDie wirtschaftliche Bedeutung des patentierten Apparates sollte man folgendermaßen sehen: In städtischen Gaswerken fiel bei der Verarbeitung von Steinkohle zu Leuchtgas zwangsweise Ammoniak (NH3) an. Dieses Gas musste in riesigen Wassermengen gelöst sein. Mit dem Grüneberg’schen Apparat war dieser Ammoniak in gewissen Konzentrationen zu gewinnen, das Wasser konnte abgelassen werden. Das Ammoniakkonzentrat war nun von mehreren Gaswerken aus wirtschaftlich abzutransportieren hin zur Düngerfabrik. Es konnten sogar drucklose Kesselwagen dafür eingesetzt werden, wenn das NH3-Gas durch Kühlen auf minus 40 Grad verflüssigt wurde. Düngerhersteller hatten also erstmals einen Stickstoff-Rohstoff in der Hand, der sich zu pflanzenverfügbarem Düngesalz verarbeiten ließ. Damit nicht genug: Weil Abfall, war der Rohstoff richtig preiswert und zunächst in marktgerechter Menge vorhanden, um Hungerproblemen infolge der Landflucht und Arbeitssuche in den Städten zu begegnen. Ein weiterer Vorteil des ammoniakhaltigen Düngers von V & G war: Der Stickstoff im Ammoniak war inländisch zu haben – also ohne Devisenaufwand. Angesichts des weiten Seeweges für Importe von Guano- und Chilesalpeter-Dünger wurde Deutschland weniger abhängig von Importen. Heute würde man darüber hinaus in der Verwertung des Zwangsabfalles von Ammoniakwasser einen Umweltvorteil sehen: Wird dem Boden nämlich mit NH3 in Salzform etwas zugeführt, was über den Eiweisszuwachs in der Pflanzenmasse Nahrungs- und Futterstoffe bietet, der schliesslich in der Verdauungs- und Verwesungskette sich wieder als molekularer Stickstoff der Luft einverleibt. Ein nutzbringendes Recycling also. (Anmerkung des Verfassers)
29.06.1878 Die „Liberale Partei“ gewinnt HJG als Kandidat, preist in einem Flugblatt seine Tatkraft, Bescheidenheit und Gewissenhaftigkeit, den hochtönenden Reden anderer Kandidaten vorzuziehen
14.08.1878 HJG wird das kaiserliche Patent auf ein Verfahren zur Herstel-lung von Strontium-Carbonat erteilt. Der Fund des Elementes Sr und seine Eigenschaften, nahe an Soda und Pottasche, dürften HJG zur Patentanmeldung bewogen haben. Es wurde s. Zt. verwendet zum Auslaugen von Zuckerresten aus Rübenmelasse („Rohrzucker“ war früher ebenfalls ein Devisen verbrauchendes Importgut), ferner war Sr-Carbonat in der Pyrotechnik („Bengalisches Rot“) und zur Herstellung irisierender Gläser (Jugendstil) gefragt
10.05.1879 HJG erhält ein Patent auf ein Herstellungsverfahren von „Schönit“, einem Doppelsalz aus schwefelsaurem Kalium und schwefelsaurem Magnesium, beide gewonnen aus Staßfurter Abraum. Beide Komponenten stellt HJG in besonders hohen Reinheitsgraden her, wie von der Nachfrage verlangt. HJG’s Verfahren kommt auch noch mit wenig Energie beim Eindampfen der Mischsalzlösung zurecht, was Kosten einspart
21.05.1879 HJG hat seinen Destillationsapparat für Ammoniak durch eine Anordnung zum kontinuierlichen Betrieb verbessert. Dieser wird ihm patentiert, da er Stillstands- und Reinigungszeiten spart
1880 V & G kaufen eine Fabrik in Leopoldshall
1880 Der Verein Deutscher Düngerfabrikanten (VDDF), ein Zusam-menschluss von Herstellern für Superphosphat, wird gegründet
1882 Eine weitere Fabrik in Leopoldshall wird angekauft
1883 Die „Düngerfabrik Ehrenfeld“ wird erworben; in Moskau gründen V & G eine „Salmiakfabrik“ (Salmiak ist Ammonchlorid)
1884 Vor dem VDDF hält HJG einen Fachvortrag über Phosphat-düngung. In seiner Begleitung registriert Carl Scheibler stillschweigend die Aussage eines Tagungsteilnehmers, Thomasschlacke tauge als Phosphatdünger, vorausgesetzt sie werde fein gemahlen
1885 Carl Scheibler kauft von Abfallhalden weg größere Mengen Thomasschlacke, und zwar bei befreundeten Stahlherstellern
1885 „Zur Begrenzung von Risiken“ wird die Dünger-Verkaufsabteilung ausgegründet – als C. Scheibler & Co
1887 In HJG’s Handschrift entstehen Zahlenreihen:
   1. Reihe: Produktionsmenge (Kali-)Salpeter und
   2. Reihe: Produktionsmenge Pottasche 1859 – 76
   3. Reihe: Capitalbestand in den Jahren 1867 – 1887
                - alles V & G, aber nur Kalker Fabrik
1888 In einem Rückblick vom 11. November stellt HJG für das Jahr 1870 eine „Cäsur in der Entwicklung der V & G-Prosperität“ fest: Der Vermögensstand sei von 100.000 Mark in 1859 gestiegen auf 939.831 Mark in 1867. Nun stagnierte dieser Bestand bis 1870. Die Gründe nennt HJG, wenn auch nur in Stichworten:
Er spricht von vielfachen Verlusten durch Bankrotte: 72.000 Mark in einem Jahr in England, Spekulations-Ankäufe in Chilesalpeter, Grubenbetrieb Dann die Staßfurter Produktion von schwefelsaurem Kali. Schließlich führt HJG nüchtern auch die Einführungskosten des Düngergeschäftes an
1889 übernehmen V & G die Elektrizität zur Beleuchtung der Kalker Werksanlagen (bis dahin Gaslicht aus werkseigener Gasfabrik auf Basis Braunkohle)
1891 HJG baut am Sachsenring in Köln. Die bisherige Wohnung am Holzmarkt wird aufgegeben
1892 V & G wird in eine (der ersten deutschen) GmbH umgewandelt, und umbenannt in „Chemische Fabrik Kalk GmbH“ (CFK)
1892/93 Die CFK investiert in neue Anlagen zur Herstellung von Schwefelsäure und Salpetersäure; die Superphosphatanlage wird erneut erweitert. (Die Schwefelsäure ist Schlüsselrohstoff, unter vielen Anderen für die Düngerherstellung)
1894 Die St. Petersburger Fabrik für schwefelsaures Ammoniak wird geschlossen.
In Kalk werden Elektromotoren nun auch als Antriebskraft in den einzelnen Werkshallen eingeführt. (Bisher hatten Dampfmaschinen ihre Rotationskraft auf lange Transmissionswellen übertragen)
07.06.1894 Hermann Julius Grüneberg stirbt; er wurde 67 Jahre alt
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